Best Practice: Transformation im Continental Werk Rheinböllen
Das Continental Werk Rheinböllen ist ein Beispiel für erfolgreiche Transformation in der Fahrzeugindustrie durch Innovationsprozesse
Das hohe Ansehen der Fahrzeugindustrie in Deutschland fußt vor allem auf erfolgreichen Produkt- und Prozessinnovationen. Automobilzulieferer spielen hierbei eine entscheidende Rolle und prägen damit das Bild des Wirtschaftsstandorts Deutschland. In diesem Best Practice Artikel wird ein besonders interessantes Beispiel vorgestellt: das Werk Rheinböllen der Continental Teves AG & Co. OHG.
Seit 1998 ist das Werk Rheinböllen Teil der Continental-Gruppe. Als Produktionsstandort war das Werk anfangs darauf ausgerichtet den steigenden Bedarf der Automobilindustrie an mechanischen Scheibenbremsen zu decken. Die Kernkompetenzen des Werkes Rheinböllen liegen auch heute noch in der Herstellung zukunftsweisender Bremssysteme für Fahrzeuge; insbesondere von Bremssätteln und elektrischen Parkbremsen. Rund 8 Millionen Bremsen werden hier jährlich zerspant, oberflächenbehandelt und montiert. Das Werk beliefert rund um den Globus Kunden aus der Automobilbranche. Der Fokus liegt dabei auf Europa.
Als Produktionsstandort eines global agierenden Tier-1, war das Werk von Anfang an mit herausfordernden Konkurrenzsituationen konfrontiert. Rheinböllen war einerseits gezwungen sich insbesondere auch gegen die weltweiten Standorte innerhalb von Continental zu behaupten, andererseits mussten die hergestellten Produkte qualitativ und kostenmäßig international wettbewerbsfähig sein. Dies hat dazu geführt, dass der Standort und seine Mitarbeitenden im Laufe der Zeit besondere Fähigkeiten entwickelt haben. Die Notwendigkeit, Produktionsprozesse kontinuierlich zu verbessern, hat zum Aufbau umfangreicher Innovationskompetenzen geführt. Eine weitere Folge war die Verankerung einer besonderen Innovationskultur, die die Transformationsprozesse erleichtert. Rheinböllen konnte sich so den Status eines „Lead Plant“ für elektronische Parkbremsen und deren Herstellungsprozesse innerhalb von Continental erarbeiten.
In den letzten Jahren ist ein deutlicher Umbruch in der deutschen Zulieferindustrie zu spüren. Viele Produktionsstandorte konnten der Pandemie, dem Strukturwandel und der Krise in der Automobilzulieferindustrie nicht mehr standhalten. Zahlreiche Mitarbeiter mussten entlassen und ganze Werke geschlossen werden – nicht zuletzt deshalb, weil Kompetenzen zur innovativen Neuausrichtung fehlten.
Der Standort Rheinböllen hingegen erkannte frühzeitig die Zeichen und schlug einen Kurs in Richtung Zukunftsfähigkeit durch Innovationen ein. Aufbauend auf den über lange Jahre entwickelten Kompetenzen im Bereich „Prozessinnovationen“ vollzog das Werk einen Schritt in Richtung „Produktinnovationen“. Das Unternehmen hat sein Portfolio erweitert und beschäftigt sich nunmehr neben Bremssystemen mit der Produktion von Autonomen Mobilen Robotern. Die sogenannten AMR benötigen keine speziellen Fahrspuren oder Magnetstreifen zur Orientierung im Boden, sondern nutzen eine Reihe von Sensoren, um sich im Werk zurechtzufinden und so auch Hindernisse umfahren zu können. Somit können die Einrichtung und Inbetriebnahme deutlich einfacher, schneller und kostengünstiger erfolgen als bei vergleichbaren Systemen, was auch eine hohe Flexibilität bei Veränderungen oder Erweiterungen des Systems bringt: eine technologische Lösung für die Produktions- und Lagerlogistik, die für automatisierte Materialflusssysteme äußerst interessant ist.
Anstoß für diese Entwicklung war, dass für die Optimierung der eigenen Produktionsprozesse spezielle Transportsysteme erforderlich waren, die der Markt in der benötigten Form aber nicht anbieten konnte. Unter Rückgriff auf vorhandene Konzern- und Partnertechnologien sowie Entwicklungskompetenzen wurden die neuartigen AMR in Rheinböllen entwickelt. Dort werden sie zukünftig auch hergestellt und extern vertrieben. Dies sichert die Zukunft des Werkes und die Beschäftigung am Standort langfristig ab.
Um diesen Schritt erfolgreich gehen zu können, waren in Rheinböllen grundlegende Neuerungen notwendig. Diese betrafen zum einen die Organisationsstrukturen und zum anderen die (Weiter-)Entwicklung sowie Qualifizierung des Personals. Es ist vor allem die Kombination langfristig aufgebauter Innovationskompetenzen mit neuartigem Know-how, die das Werk Rheinböllen auszeichnen. Durch exzellent ausgebildete und innovationsoffene Mitarbeiter ist es möglich, weiterhin effizient, zuverlässig und mit höchster Qualität zu produzieren und neuartige Geschäftsfelder zu bedienen.
Die Entwicklung von Continental in Rheinböllen veranschaulicht, welche zentrale Bedeutung proaktiven Innovationsaktivitäten zukommt. Insbesondere die Weiterentwicklung von Kompetenzen und Know-how sind in einer dynamischen Branche wie der Fahrzeugindustrie wichtige Erfolgsfaktoren. Wer den Wandel gezielt als Chance nutzen möchte, muss permanent Prozesse verbessern, dies als Innovationschance begreifen und kann so dem Wettbewerb voraus sein.
Statements
Werkleitung – Stephan Nachtmann
„Seit Jahrzenten haben unsere Rheinböller Mitarbeiter in unzähligen Projekten anhand Produkt- und Prozessverbesserungen die Innovationsfähigkeit unseres Standortes bewiesen. Aufgrund der seit einigen Jahren fortschreitenden Umbrüche in unserem Marktumfeld sowie der Automobilindustrie im Allgemeinen haben wir feststellen müssen, dass wir noch weitere Schritte gehen müssen:
Mit der Entwicklung und Industrialisierung unserer AMRs wollen wir am Standort zu Pionieren auch auf diesem für uns neuen Markt werden. Rheinböllen und seine Mitarbeiter werden dabei neben der Produktion der Roboter auch eine entscheidende Rolle bei die Vermarktung und der Kundenbetreuung einnehmen.
Wir werden ein Leuchtturm für Continental und für deutsche Standorte in Bezug auf notwendige Transformations-Prozesse darstellen – alles nur umsetzbar mit unserer bekannten Rheinböller Mentalität!“
Head of Sales – Daniel Willuweit
(früher: Leiter der Distributionslogistik im Werk Rheinböllen)
„Effizienzsteigerung in der Produktion und Logistik ist ein wichtiger Beitrag zur langfristigen Wettbewerbsfähigkeit. Deshalb haben wir uns entschieden, mit den AMRs für Schwerlasten eine Lösung zu entwickeln, die uns hilft, unsere Prozesse flexibler und effizienter zu gestalten. Mit unserem eigenen Know-how kombiniert mit Partnertechnologien entwickeln wir eine Industrielösung, die sowohl unsere Intralogistik optimiert als auch gleichzeitig eine attraktive Geschäftsidee ist.“